steht, verliert die Scheu, sich immer wieder mit solchen Fragen auseinan- derzusetzen. Es baut sich also im Unternehmerleben kein Hemmnis vor diesem Thema auf. Der zweite Aspekt ist, dass es Unternehmerinnen und Unternehmern in einem frühen Sta- dium erfahrungsgemäß auch leichter fällt, sich für eine Lösung zu entschei- den, selbst wenn diese (noch) nicht perfekt sein mag. Ein kurzer Planungshorizont kann helfen Neben der inneren Bereitschaft, die Arbeit an Nachfolgelösungen von Be- ginn an als unternehmerische Notwen- digkeit zu verstehen, ist der Planungs- horizont ein weiterer wichtiger Aspekt. Es entlastet, wenn man erst gar nicht versucht, eine Nachfolgelösung zu fin- den, die sich für die nächsten zehn oder zwanzig Jahre als optimal erwei- sen muss. Es ist im Zweifel besser, in kürzeren Zeiträumen zu planen und die Nachfolgelösung alle zwei oder drei Jahre zu überprüfen. Das Gefühl, Dinge in absehbarer Zeit korrigieren oder verbessern zu können, entspannt und trägt auch dazu bei, sich mit Nachfolge- fragen leichter zu beschäftigen. Wichtige Bausteine einer Nachfolgelösung Doch welches sind nun die Bausteine einer gelungenen Nachfolgelösung? Da wäre zunächst eine (Vorsorge-) Vollmacht zu nennen, in der eine Person des Vertrauens eingesetzt wird, die wichtige Entscheidungen während einer längeren Krankheit treffen kann. Es kann sinnvoll sein, für private und geschäftliche Angelegen- heiten unterschiedliche Personen zu bevollmächtigen, etwa für Entschei- dungen, die die Gesundheit betreffen. Mit der Vollmacht allein ist es nicht getan, sondern es ist wichtig, be- stimmte Unterlagen, Schlüssel und Informationen für den Bevoll- mächtigten als Person des Vertrauens zu hinterlegen. Eine Checkliste ist auch hilfreich, etwa mit einer Auflistung wichtiger Ansprechpartner im Unter- nehmen, wichtiger Kunden oder be- deutsamer Patente und Verträge. Auch an digitale Passwörter muss gedacht werden, ohne die heute fast nichts mehr geht. Das Ziel muss sein, bei ei- nem kurzfristigen Ausfall die Ge- schäfte des Unternehmens weiter be- treiben zu können. Selbst im Todesfall ist eine gute Vollmacht von großer Bedeutung, da es häufig viele Monate dauert, bis die Nachlassgerichte ein Testament eröffnen und anschließend einen Erbschein erteilen. Das Testament als wichtiger Baustein für eine gute Nachfolgeregelung muss die klare Anordnung enthalten, wer Erbe wird und die Firmenanteile er- hält. Hierbei sollte überlegt werden, ob z.B. mehrere Erben eine gute Idee sind. Sie bilden eine Erbengemein- schaft, in der häufig jede kleine oder große Maßnahme abgestimmt wer- den muss. Das kann das Unternehmen blockieren, denn Erben verwalten das Unternehmensvermögen gemein- schaftlich und müssen die Mitglied- schaftsrechte einheitlich ausüben. Und familiäre Konflikte und offene Rechnungen aus der Vergangenheit lösen sich am Gesellschaftertisch nicht einfach auf. Im Gegenteil wirkt ein Erbfall hin und wieder wie ein Brandbeschleuniger für Konflikte, die zuvor nur schwelten, solange der Erblasser noch lebte. Nicht selten las- sen sich Unternehmer auch von der Planung abhalten, weil die Kinder noch zu klein sind. Die Praxis hat hierfür jedoch Testamentsvoll- streckerlösungen entwickelt. Eine Person des Vertrauens, die zugleich unternehmerisch geeignet ist, könnte den Nachlass für die Kinder verwal- ten, bis diese reif genug sind, um Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen. In dieser Zeit kann auch Wissenswert 15 eine Abfindungslösung für die wei- chenden Erben entwickelt werden, die nicht nachfolgen sollen oder wollen. Als dritter Baustein ist für verheiratete Unternehmerinnen und Unternehmer der Ehevertrag zu nennen. Ein guter Ehevertrag ist steuerlich attraktiv, schafft Klarheit und schützt in der Krise die eigenen Nerven und die Firma. Auch hier hilft es, früh anzu- fangen. Wer nach zehn oder fünfzehn Ehejahren mit Blick auf die Wert- steigerungen der Firma das Thema Ehevertrag erstmalig anpackt, muss sich auf Diskussionen und fragliche Kompromisse einstellen. Wer also sein unternehmerisches Lebenswerk schützen möchte, sollte früh beginnen, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen. Bevor eine Nach- folgelösung ganz verdrängt oder über Jahre nach einem perfekten Konzept gesucht wird, sollten praktikable (Übergangs-)Lösungen gewählt wer- den, die kurz- bis mittelfristig wirken. Es empfiehlt sich, diese alle zwei bis drei Jahre zu überprüfen. Als zentrale Bausteine sind Vollmachten, ein Testament und ein Ehevertrag zu nennen. Neben rechtlichen Lösungen sind die verschärften steuerlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Unternehmerfamilien leben und ar- beiten häufig international, Kinder studieren im Ausland und arbeiten dort auch für eine gewisse Zeit. So ha- ben z.B. die Gefahren der sogenann- ten Wegzugsteuer – einer fiktiven Veräu- ßerungsgewinnsteuer – in den vergan- genen Jahren zugenommen. Mit einer vorausschauenden Planung lassen sich diese Gefahren vermeiden. Mark Uwe Pawlytta kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um die Sicherung des Vermögens von Unternehmern, Privatpersonen und Stiftungen und leitet den Bereich Familienunternehmen, Nachfolge & Stiftungen der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Deutschland. 3 // 2022